Verlustverrechnungsbeschränkung bei Termingeschäften
Bei Einkünften aus Kapitalvermögen sind diverse Verlustverrechnungsregelungen zu beachten. Verluste aus Kapitalvermögen dürfen gemäß § 20 Abs. 6 Satz 1 EStG nicht mit Einkünften aus anderen Einkunftsar-ten ausgeglichen werden. Weiterhin dürfen Sie nicht nach § 10d EStG abgezogen werden.
Verluste aus Termingeschäften unterliegen seit 2021 einer doppelten Einschränkung bei der Verlustver-rechnung (§ 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG):
Diese Verluste dürfen nur noch mit Gewinnen aus Termingeschäften und mit Einkünften aus Stillhalter-prämien verrechnet werden. Ein Ausgleich mit Gewinnen aus anderen Kapitalanlagen ist ausgeschlossen. Weiterhin ist eine Verlustverrechnung im Veranlagungsjahr nur bis zur Höhe von EUR 20.000,00 zulässig, nicht verrechenbare Verluste werden zeitlich unbefristet auf Folgejahre vorgetragen. Eine Verlustver-rechnung in den Folgejahren wird jedoch nur ausgelöst, wenn auch Gewinne erzielt werden.
Diese spezielle Verlustverrechnungsregelung findet auf Verluste Anwendung, die nach dem 31.12.2020 entstehen, und wurde zur Eindämmung schädlicher Kapitalmarktspekulationen eingeführt.
Da nur positive Kapitalerträge aus Termingeschäften dem Steuerabzug gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 11 EStG unterworfen werden und sich negative Kapitalerträge aus Termingeschäften im Rahmen des Steuerab-zugs bis zum Betrag in Höhe von EUR 20.000,00 nicht auswirken, sind solche Verluste vom Steuerentrich-tungspflichtigen unaufgefordert zu bescheinigen. Der Steuerpflichtige muss stets einen Antrag gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 4 EStG stellen und die Verluste veranlagen lassen, um deren Verrechnung in Höhe von EUR 20.000,00 und den Verlustvortrag sicherzustellen.
Der BFH hatte in einem Aussetzungsverfahren diesbezüglich zu entscheiden, ob die Verlustverrechnungs-regelung verfassungsgemäß ist. Im Streitfall erzielten die zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Antragsteller im Jahr 2021 auch Einkünfte aus Kapitalvermögen. In der Einkommensteuererklärung 2021 erklärten die Antragsteller unter anderem ausländische Kapitalerträge aus Termingeschäften ohne Steu-erabzug in Höhe von EUR 250.631,00 sowie Verluste aus Termingeschäften in Höhe von EUR 227.289,00. Wirtschaftlich entstand aus den Termingeschäften somit ein Gewinn von EUR 23.342,00. Steuerlich er-kannte das Finanzamt jedoch nur eine Verlustverrechnung in Höhe von EUR 20.000,00 an, sodass im Er-gebnis EUR 230.631,00 der Besteuerung unterlagen. Die nicht im Veranlagungsjahr 2021 verrechneten Verluste sollen in den Folgejahren verrechnet werden, sofern verrechenbare Gewinne erzielt werden.
Das Finanzamt setzte mit Bescheid für das Veranlagungsjahr 2021 eine Einkommensteuer in Höhe von EUR 52.280,00 fest. Gegen diesen Bescheid legten die Antragsteller Einspruch ein und beantragten die Aussetzung der Vollziehung mit der Begründung, dass die Verlustverrechnungsregelung verfassungswidrig sei, da der Steuerbetrag höher als der wirtschaftliche Gewinn von EUR 23.342,00 sei.
Nachdem das Finanzamt die Aussetzung der Vollziehung zunächst nicht gewährt hatte, stimmte das Fi-nanzgericht dem Antrag jedoch in der nächsten Instanz zu. Das Finanzgericht äußerte weiterhin ernsthaf-te Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der seit 2021 geltenden Verlustverrechnungsbeschränkung für Termingeschäftsverluste.
Der BFH vertritt die Auffassung, dass das Finanzgericht zu Recht die Aussetzung der Vollziehung gewährt habe, da ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Einkommensteuerbescheids bestünden. Laut BFH führt die Einschränkung, Verluste aus Termingeschäften nur mit Gewinnen aus Termingeschäften und aus Stillhalterprämien, nicht aber mit Gewinnen aus anderen Kapitalanlagen verrechnen zu können, zu einer Ungleichbehandlung. Diese wird weiterhin dadurch verschärft, dass Verluste und Gewinne von Terminge-schäften im Verlustentstehungsjahr nur bis zur Höhe von maximal EUR 20.000,00 verrechnet werden dür-fen. Hierdurch werden wirtschaftlich nicht erzielte Gewinne besteuert.
Die doppelte Begrenzung des Verlustausgleichs führt außerdem zu einer zeitlichen Streckung der Ver-rechnung von Verlusten aus Termingeschäften. Da nicht typischerweise davon ausgegangen werden kann, dass in den Folgejahren Gewinne aus Termingeschäften vorliegen, lässt sich nicht die Gefahr aus-schließen, dass der Verlustausgleich in der Totalperiode gänzlich entfällt. Der Effekt wird durch die jährli-che Betragsgrenze von EUR 20.000,00 verschärft. Im Streitfall bräuchte der Antragsteller mehr als 10 Jahre für eine vollständige Verrechnung des Verlustes, allerdings unter der Annahme, dass auch tatsäch-lich in jedem Folgejahr positive Einkünfte aus Termingeschäften und Stillhalterprämien erzielt werden.
Für die Praxis bedeutet dieser BFH-Beschluss, dass alle relevanten Bescheide offengehalten werden soll-ten. Eine Aussetzung der Vollziehung dürfte das Finanzamt vor dem Hintergrund dieses Beschlusses ge-währen. Über die Verlustverrechnungsbeschränkung für Termingeschäfte hat der BFH nun in einem Hauptsacheverfahren zu entscheiden. Dabei ist zu erwarten, dass die streitige Rechtsfrage dem Bundes-verfassungsgericht zur verfassungsrechtlichen Beurteilung vorgelegt werden wird.