Ab dem 01.Januar 2015 wird mit der Neuregelung die europäische Vorgabe (Mehrwertsteuersystemrichtlinie -MwStSystRL) umgesetzt. Diese betrifft alle Unternehmer, welche Telekommunikations-, Rundfunk-, Fernseh- und auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistungen an private Kunden innerhalb der Europäischen Union ausliefern.
Bisher wurde die Umsatzsteuer in dem Staat entrichtet, in dem das jeweilige Unternehmen ansässig ist. Zukünftig muss die Umsatzsteuer dort abgeführt werden, wo der Sitz des privaten Käufers ist (Verbrauchslandprinzip). Somit trifft die Neuregelung auch die großen Anbieter von Musik, e-Books, Apps und Filmen zum Download im Web.
Wen trifft die neue Regelung?
Es trifft Unternehmer und Unternehmen in der EU, die auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistungen an private Kunden verkaufen (B2C)
Hierzu gehören z.B. (vgl. im Detail Abschn. 3a.12 UStAE):
- Bereitstellung von Filmen und Spielen, einschließlich Glücksspielen, Lotterien.
- Webhosting, Fernwartung und Software-Dienstleistungen (SaaS) aller Art
- Bereitstellung von Software und deren Aktualisierung
- Bereitstellung von Bildern (z.B. Fotos, Bilder, Desktop-Hintergründe, Bildschirmschoner, Vorlagen für Grafiker etc.)
- Bereitstellung von Texten, Informationen, Artikeln, Anleitungen etc.
- Bereitstellung von Datenbanken (z.B. Suchmaschinen, Internetverzeichnisse, Portale, Verzeichnisse)
- Bereitstellung von Musik, Hörspielen, Hörbüchern, Klingeltöne etc. (z.B. Streaming oder Download von Musik auf PC, Mobilgeräten etc.)
- Bereitstellung von Sendungen und Veranstaltungen aus den Bereichen Wissenschaft, Politik, Kultur, Kunst, Sport und Unterhaltung
- Verkauf von Online-Schulungen, Webinaren, Videokurse, Live-Coaching
- Online-Versteigerungen über Portale und Webseiten mit automatisiertes Datenbanken und mit Dateneingabe durch den Leistungsempfänger, die kein oder nur wenig menschliches Eingreifen erfordern (z.B. Online-Auktionsplattformen, Online-Marktplätzen, Online-Einkaufsportalen, Online-Kleinanzeigen)
- Internet Service-Pakete, die mehr als nur die Gewährung des Zugangs zum Internet ermöglichen und weitere Elemente umfassen (z.B. Nachrichten, Wetterbericht, Reiseinformationen, Spielforen, Web-Hosting, Zugang zu Chatlines usw.).
Nicht betroffen sind physische Artikel, die klassisch per Versand zugestellt werden (Typische Online-Shops mit anfassbarer, physischer Ware) sowie Lieferungen an gewerbliche Kunden (B2B). Hier greift weiterhin das Reverse-Charge-Verfahren.
Beispiel: Ein Unternehmer mit Sitz in Spanien bietet Musik zum Download an. Ein privater Käufer aus Deutschland kauft bei diesem Unternehmer online Musik ein. Die enthaltene Umsatzsteuer muss nicht wie bisher in Spanien, sondern ab dem 01.01.2015 in Deutschland abgeführt werden.
Unternehmer, die solche Leistungen erbringen, müssen sich daher grundsätzlich in Deutschland umsatzsteuerlich erfassen lassen und den vorgeschriebenen Melde- und Erklärungspflichten nachkommen.
Alternative: Das MOSS-Verfahren
Alternativ können Sie die neue Verfahrenserleichterung des „Mini-One-Stop-Shop“, kurz MOSS, in Anspruch nehmen. Diese Verfahrenserleichterung gilt ab 1. Januar 2015 in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Mit der Neuregelung können Unternehmen direkt im eigenen Land ihre in den übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ausgeführten Umsätze mit Telekommunikations-, Rundfunk-, Fernseh- und auf elektronischem Weg erbrachten Dienstleistungen zentral auf elektronischem Weg erklären und die Umsatzsteuer insgesamt entrichten.
Auf Basis der neuen Regelung müssten sich die betroffenen Unternehmen ohne MOSS-Verfahren theoretisch in allen EU-Ländern, in denen ihre Privatkunden ansässig sind, umsatzsteuerlich registrieren und dort lokale Umsatzsteuererklärungen abgeben. Mit dem MOSS-Verfahren vereinfacht sich dieser Prozess, da sich das Unternehmen nur noch im eigenen Land unter Angabe der Steuernummer über das Online-Portal registrieren muss. Über dieses Portal müssen Unternehmen dann – zusätzlich zu Umsatzsteuervoranmeldung und ggfs. zusammenfassender Meldung – vierteljährliche Erklärungen über die erzielten Umsätze abgeben.
Bevor man sich an die Umsetzung der steuerlichen Vorgaben macht, sollte man die betriebswirtschaftlichen Folgen der Neuregelung bedenken: Wo früher allein der deutsche Umsatzsteuersatz zur Anwendung kam, muss ab 2015 in jedem EU-Staat mit einem anderen Steuersatz abgerechnet werden. Während in Ungarn z.B. 27% Umsatzsteuer anfallen, werden in Luxemburg nur 15% Umsatzsteuer fällig. Das stellt die Unternehmen auch bei der Preisgestaltung vor neue Herausforderungen.
Die Teilnahme an der Sonderregelung können deutsche Unternehmer auf elektronischem Weg beim Bundeszentralamt für Steuern beantragen. Dies ist ab dem 1. Oktober 2014 mit Wirkung zum 1. Januar 2015 möglich und gilt einheitlich für alle Staaten der EU. Für Anträge deutscher Unternehmer stellt das Bundeszentralamt für Steuern ein Online-Portal zur Verfügung.
Weitergehende Informationen zum Verfahren Mini-One-Stop-Shop werden rechtzeitig auf der Homepage des Bundeszentralamts für Steuern unter www.bzst.bund.de veröffentlicht.
Kostenloser Leitfaden: Unternehmen, die potenziell von der Neuregelung betroffen sind, sollten sich unbedingt den Leitfaden der EU-Kommission zur kleinen einzigen Anlaufstelle für die Mehrwertsteuer ansehen.
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